Die Brücke zwischen Hektik und Menschlichkeit

Neben Sarah steht Lea, eine Pflegeschülerin im dritten Ausbildungsjahr. Sie beobachtet alles genau, spürt die Spannung zwischen Routine und Unsicherheit. Was man aus Lehrbüchern kennt, fühlt sich hier ganz anders an.
Doctors, nurses and paramedics push stretcher with patient to surgery room. African American man with neck brace lies on gurney. Multiracial staff work in emergency department. Slow motion. Back view.

Talih Seval Tuncer ESSEN

Die Notaufnahme ein Ort, an dem Sekunden zählen, an dem jede Entscheidung ein Echo trägt. Hektik liegt in der Luft, vermischt mit dem Piepen der Monitore und dem Murmeln eilender Stimmen. Doch zwischen all dem Adrenalin gibt es eine andere Dimension, die oft übersehen wird: die Kraft der Worte, der Blicke, der kurzen, aber bedeutenden Momente der Kommunikation.

Ein Abend in der Notaufnahme

Die automatischen Türen öffnen sich mit einem leisen Surren, das Blaulicht des Rettungswagens spiegelt sich in den nassen Pfützen auf dem Asphalt. Der junge Rettungssanitäter Ben schiebt mit geübten Handgriffen die Trage hinein. Darauf liegt Frau Müller, 78 Jahre alt, die Finger um ihre Handtasche geklammert, als könne sie darin Sicherheit finden.

“Bauchschmerzen, unklarer Zustand, RR 170 zu 100’, sagt Ben knapp, während er die Patientin an die diensthabende Krankenschwester Sarah übergibt. Sie nickt, nimmt die Übergabe konzentriert entgegen, doch ihre Augen bleiben kurz an Frau Müllers Gesicht haften. Sie sieht die Angst in ihrem Blick – nicht nur vor den Schmerzen, sondern vor dem Unbekannten.

Neben Sarah steht Lea, eine Pflegeschülerin im dritten Ausbildungsjahr. Sie beobachtet alles genau, spürt die Spannung zwischen Routine und Unsicherheit. Was man aus Lehrbüchern kennt, fühlt sich hier ganz anders an.

“Ich will nach Hause.”  – Wenn Worte mehr sagen als das Offensichtliche

Frau Müller spricht leise, doch ihre Worte hallen in der Hektik nach. “Ich will nach Hause.” 

Nicht zum ersten Mal hört Dr. Lehmann, der diensthabende Notarzt, diesen Satz. Er kennt die Eile, die in seinen Adern rauscht, den Druck, der ihn antreibt. Seine Gedanken sind bereits beim nächsten Notfall, doch er bleibt einen Moment stehen. Er sieht auf die Patientin – nicht nur auf ihre Werte, nicht nur auf die Symptome.

Die Worte sind nur die Spitze des Eisbergs. Darunter liegt die unsichtbare Welt der Ängste, Erfahrungen, Erinnerungen.

Sarah spürt es auch. Sie beugt sich sanft zu Frau Müller und sagt ruhig: “Ich sehe, dass Sie sich Sorgen machen. Ich bleibe bei Ihnen.” 

Lea, die Schülerin, beobachtet. Sie merkt, dass Kommunikation hier nicht nur Fakten bedeutet. Sie sieht, dass der Arzt und die Krankenschwester mit knappen, aber echten Worten etwas bewirken.

Dr. Lehmann nimmt sich eine Sekunde: “Wir finden heraus, was Ihnen fehlt, und helfen Ihnen. Sie sind in guten Händen.” 

Es sind keine großen Worte. Aber sie sind ehrlich. Und manchmal ist Ehrlichkeit das, was Halt gibt.

Kommunikation nach Carl Rogers und das Eisbergmodell – Auch unter Zeitdruck möglich

Carl Rogers sprach von Empathie, Kongruenz und Wertschätzung. Aber wie passt das in den hektischen Klinikalltag?

• Empathie bedeutet nicht, lange Gespräche zu führen – sondern den Menschen hinter dem Patienten zu sehen.

• Kongruenz heißt nicht Perfektion – sondern Echtheit.

• Wertschätzung braucht keine großen Gesten – sondern kurze, ehrliche Momente.

Das Eisbergmodell zeigt, dass in der Notaufnahme oft nur die Sachinformationen (Schmerzen, Blutdruck, Diagnosen) gesehen werden. Doch unter der Oberfläche liegen Emotionen, Ängste und Erfahrungen, die ebenso wichtig sind.

Ben, der Rettungssanitäter, schaut auf die Uhr. Er muss zum nächsten Einsatz. Doch bevor er geht, legt er kurz seine Hand auf Frau Müllers Schulter: “Sie sind nicht allein, okay?” 

Sarah nimmt Leas fragenden Blick wahr. “Es sind oft nur Sekunden. Aber sie können Vertrauen schaffen” , sagt sie leise.

Und dann geht es weiter.

Die Brücke zwischen Hektik und Menschlichkeit

Die Notaufnahme bleibt laut, bleibt schnell, bleibt fordernd. Doch zwischen Pieptönen, Schritten und hektischen Stimmen gibt es kurze Momente, in denen Kommunikation mehr ist als Information. Sie wird zum Anker. Sie wird zum Vertrauen. Sie wird zur Brücke zwischen Herzschlag und Hektik.

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